Diversity, Equity & Inclusion – Worüber sprechen wir eigentlich?
Viele Organisationen haben Diversity, Equity & Inclusion (DEI) als relevantes Thema entdeckt. Hier lesen Sie, was hinter den Begriffen steckt.
Diversity = personelle Vielfalt
Diversity bedeutet grundsätzlich die Vielfalt der Mitglieder einer bestimmten Gruppe. Langläufig werden darunter vor allem identitätsstiftende Merkmale wie Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, oder Behinderung verstanden („Klassische Dimensionen“). Wenn es um die Förderung von DEI in Organisationen geht, denken daher viele Menschen zuallererst an Maßnahmen, mit denen bestimmte Gruppen unterstützt werden sollen. Diese Maßnahmen sind wichtig, um historisch gewachsene Ungleichheiten und Benachteiligungen zu korrigieren. Die Berücksichtigung der klassischen Dimensionen ist somit gesamtgesellschaftlich relevant. Im Arbeitskontext ist es allerdings sehr sinnvoll, Diversity noch breiter zu denken und kognitive Diversität („Diversity of Thought“) zu berücksichtigen. Darunter versteht man z.B. vielfältige Sichtweisen, Arbeitsstile, Ausbildungshintergründe oder auch Problemlösungstechniken anhand derer sich Mitglieder eines Teams unterscheiden.
Kognitive Diversität ersetzt die klassischen Dimensionen von Vielfalt aber nicht, sondern ergänzt diese viel mehr. Die Erfahrungen, die wir aufgrund unseres Geschlechts, unseres ethnischen Hintergrunds oder unserer Behinderung machen, prägen unsere Sichtweisen, unsere Problemlösungstechniken und andere Facetten der kognitiven Diversität (vgl. Frost/Alidina 2019, S. 42-43). Ein ganzheitlicher Zugang zu Diversity verbindet daher klassische und kognitive Aspekte – in der Erwartung, dadurch mehr Innovation und bessere Leistungen zu generieren.
Inclusion = Das Wir-Gefühl durch aktives Einbeziehen fördern
Um Diversität als Ressource nutzen zu können, sollte eine inklusive Kultur (Inclusion) gelebt und gefördert werden. Die US-amerikanische NGO Catalyst hat auf Basis einer Umfrage folgende Erfahrungen als Merkmale einer inklusiven Kultur gefiltert: Wertschätzung, Vertrauen, Authentizität und psychologische Sicherheit (vgl. Dnika et al 2019). In vielfältigen Teams kommt einer inklusiven Kultur besondere Bedeutung zu, da sie das Gemeinsame und Verbindende vor die Unterschiede und das Trennende stellt. Jedoch profitieren auch homogene Teams von einem wertschätzenden und vertrauensvollen Arbeitsumfeld.
Während im Deutschen Inklusion meist als Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verstanden, wird der Begriff Inclusion im Diversity Management breiter gefasst. Inclusion beschreibt zum einen die Einbeziehung Aller in ein „Wir“ als auch die strukturellen Voraussetzungen, damit dieses „Wir“ in der Praxis gelebt werden kann. Auf der atmosphärischen Ebene bedeutet das vor allem Dialog und Austausch zu fördern, sowie um Unterstützung gegen Diskriminierung zu werben. Inclusion auf atmosphärischer Ebene muss aber durch Inclusion auf struktureller Ebene untermauert werden, um authentisch zu sein. Das bedeutet z.B. Einstellungs-, Beförderungs- oder Beurteilungsprozesse auf Gender Bias zu durchleuchten und bias-sensible Prozesse zu gestalten, sodass alle Mitarbeitenden darauf vertrauen können, fair behandelt zu werden.
Equity = Chancengerechtigkeit als Methode von Diversity zu Inclusion
Das „E“ in „DEI” – Equity – ist das Bindeglied zwischen Diversity und Inclusion. Equity wird im Deutschen mal mit Gleichstellung, mal mit Chancengerechtigkeit übersetzt. Im Wesentlichen beschreibt es die Erkenntnis, dass alle Menschen zwar gleich an Wert und Würde sind, aber in unserer Gesellschaft aufgrund historisch gewachsener Ungleichheiten nicht die gleichen Möglichkeiten haben, ihr Leben zu gestalten. Equity beschreibt einen Zustand, in dem diese Ungleichheiten korrigiert bzw. ausgeglichen werden, sodass alle gleichermaßen teilhaben können.
In gewisser Weise ist Equity also die Methode, um von Diversity zu Inclusion zu gelangen. Um aus einem diversen ein inklusives Team zu machen, ist es wichtig, nicht so zu tun, als wären Unterschiedlichkeiten irrelevant (Gleichbehandlung), sondern alle Mitarbeitenden in ihrer Individualität wahrzunehmen und wertzuschätzen (Gleichstellung). Gleichbehandlung führt i.d.R. zu einer oberflächlichen Homogenisierung der Mitarbeitenden, Gleichstellung zur Nutzung von Vielfalt als Ressource.
Die Triade DEI ist letztendlich eine Querschnittsmaterie, die sich durch alle Bereiche eines Unternehmens zieht. Es geht immer darum, wie man die unterschiedlichen Perspektiven und Hintergründe nutzt, um die interne Zusammenarbeit und Arbeitsprozesse zu verbessern, aber auch um Produkte oder Dienstleistungen weiterzuentwickeln und die Beziehungen zu externen Stakeholdern zu erweitern. Die Diversifizierung der Belegschaft ist immer einer der ersten Schritte in der Umsetzung eines ganzheitlichen Zugangs zu DEI. Doch dann kommt es eben darauf an, was man mit der gewonnenen Vielfalt macht.
Belonging = Zugehörigkeitsgefühl als Indikator für eine inklusive Organisation
DEI-Arbeit ist ein Prozess, der nie abgeschlossen sein wird. Es kann keinen Punkt geben, an dem eine Organisation eine vollkommen inklusive Kultur erreicht hat. Dennoch kann man Reifegrade von DEI und die Effektivität von DEI-Maßnahmen messen – und Belonging ist dabei einer der wichtigsten Indikatoren. Belonging beschreibt im Grunde das Zugehörigkeitsgefühl. Ein starkes Zugehörigkeitsgefühl führt zu einer besseren Bindung an die Organisation, zu effektivieren Teamarbeit und zu mehr Antrieb, die Ziele des Teams bzw. der Organisation zu erreichen. Employee Engagement, wie die positiven Effekte von Belonging auch bezeichnet werden, wird (wenn überhaupt) i.d.R. nicht in Zusammenhang mit DEI gemessen. In der nahen Zukunft wird dieses Silo-Denken aufgebrochen werden und Belonging als Bestandteil von DEI gesehen werden (müssen), um sicherzustellen, dass DEI-Maßnahmen wirkungsvoll und nachhaltig sind (vgl. Fernandes 2021).
Derzeit ist in Organisationen ein wachsendes Interesse an Trainings und anderen Weiterbildungsformaten in den Bereichen Inclusive Leadership und Inclusive Culture, bzw. ein Trend weg von reinen Diversity Trainings und hin zu der Berücksichtigung von Inclusion zu bemerken. Es ist davon auszugehen, dass aktuelle Herausforderungen wie Fachkräftemangel und Generationenwechsel dazu führen werden, dass Belonging und Employee Engagement immer mehr in den Fokus von DEI-Maßnahmen rücken.
In jeder Organisation gibt es Mitarbeitende, die DEI-Maßnahmen unterstützen und andere, die skeptisch sind. Um alle an Bord zu holen, kann es sinnvoll sein, das Bedürfnis aller Mitarbeitenden nach Zugehörigkeit anzusprechen – und sie zu ermutigen, das gleiche Zugehörigkeitsgefühl auch für andere zu schaffen. Wenn Zugehörigkeit eine gemeinsame, verbindende Vision ist, lassen sich Mitarbeitende eher auf die schwierigen Veränderungen von Prozessen und Verhaltensweisen ein, die eine Organisation nachhaltiger inklusiver machen.
Dieser Artikel ist eine Kurzversion des Artikels „Von Diversität zu Inklusion“ von Susanne Hamscha und Manfred Wondrak, erschienen im Personalmagazin, Ausgabe 12/2023.
Susanne Hamscha und Manfred Wondrak sind die Geschäftsführer*innen von factor-D Diversity Consulting.
Hier finden Sie den vollständigen Artikel: Personalmagazin, Ausgabe 12/2023
Quellen:
- Bell ST, Villado AJ, Lukasik MA, Belau L, Briggs AL (2011) Getting specific about demografic diversity variables and team performance relationship: A meta-analysis. In: Journal of Management, Vol. 37. S 709-743.
- Dnika JT, Shaffer E, Thorpe-Moscon J (2019). Getting Real About Inclusive Leadership: Why Change Starts With You (Catalyst).
- Fernandes N (2021). Belonging: The Intersection Of DEI And Engagement. Forbes. https://www.forbes.com/sites/forbeshumanresourcescouncil/2021/12/22/belonging-the-intersection-of-dei-and-engagement/. Zugegriffen: 22. September 2023.
- Frost S & Alidina R (2019). Building an Inclusive Organization: Leveraging the Power of a Diverse Workforce. London: Kogan Page.
- Hunt V, Layton D, Prince S (2015) Diversity Matters. McKinsey&Company. https://assets.mckinsey.com/~/media/857F440109AA4D13A54D9C496D86ED58.ashx. Zugegriffen: 22. September 2023.
- Joshi A, & Roh H (2009). The role of context in work team diversity research: A meta-analytic review. In: Academy of Management Journal, Vol. 52(3). S 599-627.
- Tajfel H, & Turner JC (1986). The social identity theory of intergroup behavior. In: S. Worchel & W. G. Austin (Hg.), Psychology of intergroup relations. Chicago, IL: Nelson-Hall. S 7-24.
- Van Knippenberg D, De Dreu CKW. Homan AC (2004). Work group diversity and group performance: An integrative model and research agenda. Journal of Applied Psychology, 89(6), 1008-1022.
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