Biases von A-Z

Glossar

Liste von wichtigen Bias-Typen und Begriffen im Kontext von Diversity & Inclusion

Ableismus/Disableismus (von engl. able = fähig, disable = unfähig gemacht)

Bezeichnet die Beurteilung von Menschen aufgrund ihrer Fähigkeiten (Ableismus) und damit verbunden die programmatische Diskriminierung von als beeinträchtigt angesehenen Menschen (Disableismus). Eine besondere Form davon ist der wohlwollende Disableismus, z.B.: Man behandelt eine allein körperlich beeinträchtigte Person zwar gut, aber wie ein Kind, anstatt als mündige Person.

 

Ähnlichkeitseffekt (Mini-Me-Effect, Similarity-Attraction Effect)

Darunter versteht man die Tendenz, dass Ähnlichkeit Sympathie schafft, wie es in der Redensart zum Ausdruck kommt: „Gleich und gleich gesellt sich gern.“ Menschen fühlen sich stark zu Gleichgesinnten im physischen und sozialen Erscheinungsbild hingezogen. Diese Ähnlichkeit wird gesehen im weitesten Sinne etwa in den Persönlichkeitseigenschaften, in den Lebenszielen und im körperlichen Erscheinungsbild.

 

Ankereffekt (Anchoring)

Tendenz, sich unbewusst von einem bestimmten Referenzpunkt (dem „Anker“) bei der Entscheidungsfindung beeinflussen zu lassen. Der Anker ist meist die erste Information, die in Bezug auf eine Entscheidung aufgenommen und verarbeitet wird, bspw. in Verhandlungssituationen, in denen die Höhe der ersten Preisnennung die Höhe der Kaufentscheidung wesentlich bestimmt. $ Primär-Effekt

 

Attributionsfehler (auch: fundamentaler Attributionsfehler)

Neigung, den Grund für ein Verhalten im Wesen der Person selbst zu suchen, obwohl deren Verhalten wesentlich durch die Situation bestimmt ist, in der es zum beobachteten Verhalten kommt. Beispiel: Jemand antwortet im Rahmen eines Bewerbungsgespräches fahrig und ungeordnet aufgrund von Nervosität und nicht weil es zur geistigen Disposition dieser Person gehört. Trotzdem attribuieren es RecruiterInnen mitunter jedoch gerade so.

 

Auffälligkeitsverzerrung (Salienzeffekt)

Auffällige (saliente) Merkmale ziehen übermäßige Aufmerksamkeit auf sich und können so die Beurteilung verzerren. Dies können ein auffälliges Erscheinungsmerkmal wie die besondere Attraktivität der Person oder ein auffälliges Verhalten sein, aber auch Informationen, an die wir uns leicht erinnern wie ein Elite-Uni-Abschluss. Das hervorstechende Merkmal kann zu Urteilsverzerrungen führen, indem eine unbewusste affektive Einstellung dazu führt, bspw. attraktivere BewerberInnen zu bevorzugen.

 

Autoritätsverzerrung (Authoritybias)

Tendenz, der Meinung einer Autoritätsperson unabhängig von ihrem Inhalt mehr Gewicht beizumessen, größere Richtigkeit zuzuschreiben und sich in Folge stärker von dieser Meinung beeinflussen zu lassen. So kann der Autoritätsbias auch dazu führen, dass Mitarbeiter gegenüber Autoritätspersonen es unterlassen, konstruktive Kritik zu üben.

 

Bestätigungsfehler (Confirmation Bias)

Grundlegende Neigung, bereits in der Wahrnehmung beginnend Information so auszuwählen, so zu suchen und zu interpretieren, dass die eigenen Erwartungen erfüllt werden. Dabei wird Information, die damit nicht übereinstimmt, unbewusst abgewertet oder sogar ausgeblendet. Der Bestätigungsfehler liegt Phänomenen wie Stereotypen, funktionaler Fixiertheit oder selbst erfüllenden Prophezeiungen zugrunde und kann eine starke soziale Ausprägung haben wie in sogenannten Echokammern/Filter-Bubbles im Internet, in der Gleichgesinnte sich in ihrer Anschauung wechselseitig bestätigen, obwohl das Bestätigte vielleicht unrealistisch oder irrational ist. $ funktionale Fixiertheit, $ Stereotype

 

Blind Spot Bias (Verzerrungsblindheit)

So wie im visuellen System ein blinder Fleck existiert, existiert ein toter Winkel in der Wahrnehmung der eigenen Urteilsfähigkeit. Wir denken, wir seien wesentlich unbeeinflusst und unser Urteil unverzerrt, obwohl wir unbewussten kognitiven Tendenzen ebenso wie andere ausgesetzt sind. $ Illusorische Überlegenheit, $ Selbstüberschätzung

Code-Switching

Das situationsabhängige Wechseln von Verhaltensmustern, beispielsweise in der Kommunikation was die Ausdrucksweise betrifft oder das Code-Switching zwischen Dialekt und Standarddeutsch. Code-Switching reicht bis hin zu einem rollenangepassten Persönlichkeitswechsel, etwa wenn sich ein schwuler Mitarbeiter bemüht, besonders männlich zu erscheinen.

 

Cross-Race Effect

Bezeichnet die schlechtere Wiedererkennungsleistung von Gesichtern fremder Ethnien bzw. eine schlechtere Unterscheidungsfähigkeit dafür (gegenüber der Unterscheidungsfähigkeit für Gesichter der eigenen Ethnie). Damit einher geht eine reduzierte Fähigkeit, den emotionalen Gesichtsausdruck richtig zu lesen. Der Cross-Race-Effect zeigt sich beispielsweise in der Schwierigkeit, die Europäer haben, Gesichter von Asiaten zu unterscheiden und umgekehrt. $ Racial Bias

 

Distance Bias

Tendenz, Phänomenen (Personen, Dingen, Ereignissen), die uns räumlich und/oder zeitlich näher sind, eine unverhältnismäßig hohe Bedeutung beizumessen und umgekehrt, entfernte Phänomene unverhältnismäßig gering zu gewichten. Der Distance Bias stellt Führungskräfte und Teams bspw. durch das Corona-Pandemie-bedingte Social Distancing und Home Office der MitarbeiterInnen vor Herausforderungen: Etwa was die Zuteilung von Aufgaben betrifft.

 

Dunning-Kruger-Effekt

Neigung von Personen, die eine geringe Kompetenz in einer bestimmten Domäne haben, diese Kompetenz zu überschätzen und die Expertise anderer nicht erkennen zu können. Diese Selbstüberschätzung resultiert mitunter daraus, dass es an Wissen mangelt, das eigene Wissen angemessen einschätzen zu können. Ein alltägliches Beispiel liefert die Kritik an politischen Entscheidung durch Laien, die nur einen Bruchteil der entscheidungsbestimmenden Faktoren berücksichtigt. Der Dunning-Kruger-Effekt ist verbunden mit $ Verzerrungsblindheit und $ Illusorischer Überlegenheit.

 

Effekt der bloßen Darbietung (Expositionseffekt, Mere Exposure Effect)

Tendenz, Phänomenen eine höhere Wertigkeit bzw. Attraktivität zuzusprechen allein durch wiederholte Darbietung jener Phänomene. Dieser Effekt, der auf einer zunehmenden Vertrautheit beruht, tritt nicht auf, wenn das jeweilige Phänomen anfangs negativ beurteilt wird. Im Marketing und auch im politischen Diskurs spielt der Effekt der bloßen Darbietung eine wesentliche Rolle: Beispielsweise indem durch wiederholte Präsentation einer bestimmten Botschaft Vertrautheit damit erzeugt und so eine höhere Akzeptanz erreicht wird. Das führt mitunter zum sogenannten Wahrheitseffekt: Man meint, ein Inhalt sei wahr und dies fundiert allein auf der wiederholten Präsentation dieses Inhalts.

 

Eigengruppenbevorzugung (In-Out Group Bias)

Die eigene Gruppe und ihre Mitglieder werden höher bewertet als Fremdgruppen und deren Mitglieder. Dies kann mit Fremdgruppenabwertung verbunden sein und in deren Stereotypisierung und Diskriminierung bestehen. Eigengruppenbevorzugung tritt deutlich zutage, wenn es um die Verteilung von Ressourcen geht, und die Mitglieder der Eigengruppe sich berechtigt empfinden, sie gegenüber anderen zu privilegieren.

 

Fading-Affect Bias (deutsch: Schwindender Affekt)

Das psychologische Phänomen, dass Erinnerungen, die mit negativen Gefühlen verbunden werden, schneller verblassen als Erinnerungen, die mit positiven Gefühlen verbunden werden. Der Inhalt der Erinnerungen ist dabei irrelevant, es geht rein um die Emotionen. Außerdem werden Ereignisse, die ursprünglich als negativ wahrgenommen wurden, in der Erinnerung oftmals positiver bewertet. Dieser „So schlimm war es gar nicht“ Zugang kann in manchen Situationen sehr hilfreich sein, kann andererseits aber dazu führen, dass z.B. diskriminierendes oder nicht-inklusives Verhalten von den Betroffenen erst sehr spät oder auch gar nicht angesprochen werden.

Forer-Effekt (Barnum-Effekt)

Neigung, vage Allgemeinaussagen so zu interpretieren, dass sie als konkret zutreffende Beschreibung empfunden werden. Typische Funktionsweise von Horoskopen: Man münzt darin allgemein formulierte Eigenschaften, die viele haben oder gerne besitzen würden, auf einen selbst um und meint deshalb, hier liege eine Aussage über einen vor. Angewendet wird der Forer-Effekt bspw. in Werbebannern mit Botschaften, die, obwohl sie generischer Natur sind, Kunden das Gefühl geben, dass sie als Individuen angesprochen werden.

 

Framing-Effekt (deutsch: Rahmungseffekt)

Das Phänomen, dass unterschiedliche Formulierungen einer Botschaft das Verhalten des Empfängers unterschiedlich beeinflussen, obwohl der Inhalt gleichbleibt. Dies ist u.a. wichtig zu bedenken, wenn man eine Strategie für Diversität und Inklusion entwickelt und implementiert: je nachdem, welche Rahmung man D&I Maßnahmen verpasst, werden diese auf Akzeptanz oder Widerstand stoßen.

 

Funktionale Fixierung

Einschränkender Lerneffekt, der darin besteht, Objekte nur in der gewohnten Weise, nur entsprechend ihrem herkömmlichen Zweck zu benutzen und alternative Verwendungsweisen nicht wahrzunehmen. Funktionale Fixierung kann Innovationsprozesse entscheidend blockieren. Ein Beispiel aus der Wirtschaft liefert Kodak, ein Unternehmen, dass selbst die Digitalkamera patentierte. Dann aber entschied sich das Management gegen die Digitallösung und verlor damit in weiterer Folge die Vormachtstellung am Markt. $ Bestätigungsfehler

 

Gender Bias

Bezeichnet eine verzerrte Wahrnehmung durch geschlechtsbezogene Vorurteile und Stereotypen, d.h. bspw. die Annahme von Unterschieden, wo keine sind (etwa hinsichtlich der Leistungsfähigkeit in einem bestimmten Bereich) oder unterschiedliche Interpretation gleicher Verhaltensweisen (Bsp.: Familienbild am Schreibtisch – Interpretation hinsichtlich Mann: „Ein verantwortungsvoller Familienvater.“; Interpretation hinsichtlich Frau: „Sie reiht Familie über Karriere.“). Der Gender Bias konnte bei Beurteilungs-, Auswahl- und Aufstiegsprozessen sowie Förderungsbemühen nachgewiesen werden. Beispielsweise im Schulkontext: Lehrer gaben Mädchen in Mathematik schlechtere Noten, obwohl diese bei standardisierten Tests besser abschnitten als die Jungen. Der Gender Bias tritt meist auf in Verbindung mit $ Attributionsfehler, $ Bestätigungsfehler, $ Eigengruppenbevorzugung, $ Stereotype

 

Gruppendenken (Groupthink, Konformitätsbias)

Tendenz, in einer Gruppe schlechtere oder fehlgehende Entscheidungen zu treffen bedingt durch Konformitätsdruck und den Wunsch nach Zusammenhalt. Gruppendenken macht, dass Einzelne vermeiden, Skepsis zu äußern, kontroverse Themen oder alternative Lösungen anzusprechen bzw. diese nicht angenommen werden.  Negative Auswirkungen hat Gruppendenken beispielsweise dann, wenn Teammitglieder unter Druck gesetzt werden, sollten sie eine alternative Lösung vorschlagen, um sie auf Linie zu bringen, obwohl diese die optimale Entscheidung darstellen würde.

 

Halo-Effekt (Hof-Effekt, Horn-Effekt)

Neigung, von beobachteten bzw. bekannten Merkmalen auf unbekannte zu schließen und so einen assoziativen Hof um die bestehende Beobachtung zu bilden. Also bspw. wenn jemand, der eine attraktive Person sieht, annimmt, dass diese auch intelligent, fleißig und engagiert ist, noch bevor man deren Fähigkeiten beurteilen konnte. Die negative Form des Hof-Effekts (Horn-Effekt) tritt auf, wenn eine Person in einem negativen Licht gesehen wird und nun alles, was sie tut, tendenziell als negativ interpretiert, während die positiven Dinge, die sie tut, nicht gesehen oder angezweifelt werden. $ Attributionsfehler, $ Stereotype

 

 

IKEA-Effekt

Die Tendenz, selbstgemachte Produkte höher zu bewerten als Dinge, die von Anderen geschaffen wurden, ungeachtet ihrer Qualität. Darunter fällt auch selbst zusammengesuchte Information, die man als wichtiger einschätzt als Information, die man von anderer Seite erhält. Das kann v.a. in der Zusammenarbeit mit Anderen zu Verzerrungen und nicht-inklusivem Verhalten führen.   

 

Illusorische Korrelation

Wenn man Stereotype als Verbindung (Korrelation) zwischen Gruppenzugehörigkeit und Persönlichkeitseigenschaften/Verhaltensdispositionen auffasst, werden tendenziell Minoritäten eher negative Stereotype zugeschrieben. Dies entsteht wesentlich dadurch, dass über die eine Gruppe mehr Beobachtungen vorliegen. Ein Beispiel dafür ist die Stereotype, dass die Kriminalitätsrate unter Einwanderern höher sei als die unter den Einheimischen. $ Stereotype

 

Illusorische Überlegenheit (Illusorische Superiorität)

Tendenz, die eigenen Fähigkeiten im Verhältnis zu denen anderer zu überschätzen. Wir wähnen mitunter, wir wären weniger beeinflusst und besser als andere, wo dem nicht so ist. Illusorische Überlegenheit ist eine selbstwertdienliche Verzerrung etwa hinsichtlich Intelligenz, der Durchführung von Aufgaben oder dem Besitz von wünschenswerten Persönlichkeitsmerkmalen. Das manifestiert sich bspw., wenn mehr als 90 % (Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie) meinen, sie wären überdurchschnittliche gute Autofahrer, obwohl dies maximal 49,9 % sein können. $ Verzerrungsblindheit, $ Selbstüberschätzung

 

Judicial Bias

Damit wird die Kategorie aller Urteilsverzerrungen bezeichnet, die im Rahmen der gerichtlichen Urteilsbildung auftreten. Es fallen vor allem kognitive Biases und Urteilsheuristiken darunter, aber auch der Einfluss körperlicher Umstände auf das Entscheidungsverhalten (etwa die Höhe des Glukosespiegels im Blut). Das richterliche Urteil ist in Entscheidungssituationen unter Unsicherheit zu fällen und dem Risiko ausgesetzt, dass hier implizite Urteilsverzerrungen auftreten, bspw. $ Bestätigungsfehler, $ Halo-Effekt, $ Illusorische Korrelation, $ Repräsentativitätsheuristik, $ Rückschaufehler, $ Stereotype, $ Verfügbarkeitsheuristik

 

KI-Bias

Biases in Künstlicher Intelligenz (KI) basieren auf unausgewogenen oder fehlerhaften Daten, sowohl was deren Aufnahme als auch deren Verarbeitung betrifft. KI-Biases können zu Ungleichbehandlung führen bzw. zur Diskriminierung von bestimmten Personengruppen. Algorithmen übernehmen rassistische und sexistische Stereotype und andere Biases, wie den Bestätigungsfehler: So schlug etwa bei der Firma Amazon die KI hauptsächlich weiße Männer zur Einstellung vor, da diese in der Vergangenheit am häufigsten erfolgreich in der Firma arbeiteten. $ Bestätigungsfehler, $ Eigengruppenbevorzugung, $ Stereotype

 

Kontakteffekt

Prinzipielle Tendenz, eine andere Person desto besser zu beurteilen, je häufiger man Kontakt mit dem/der Beurteilenden hat. Einsetzen lässt sich der Kontakteffekt zum Abbau von Vorurteilen und Feindseligkeiten zwischen Gruppen schlicht durch Kontakt der unterschiedlichen Gruppenmitglieder. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass dies nur in Verbindung mit einem gemeinsamen Kooperationsziel funktioniert. Der Kontakteffekt ist eine Sonderform des $ Effekts der bloßen Darbietung.

 

Kontrasteffekt

Ein Objekt wird – im Kontrast zu einem schlechter/negativer beurteilten Objekt – positiver beurteilt als ohnedem und negativer beurteilt, wenn ihm ein positiv bewertetes Objekt vorausgeht. Unser Urteil hängt stark vom Kontext ab, der mitunter als Vergleichsstandard fungiert. Zum Kontrasteffekt kommt es aber nur, wenn Phänomene einer Kategorie miteinander verglichen werden. Liegt der Fokus auf der übergeordneten Kategorie selbst, führt das in der Regel zu Assimilation, sprich dazu, dass die Beurteilung eines Objekts sich assimiliert an ein davor schon bestehendes Urteil. Ein Beispiel für den Kontrasteffekt ist etwa, zwei Mitarbeiter, die im selben Team arbeiten, zu kontrastieren. Ein Beispiel für den Assimilationseffekt stellt die Integration des Urteils über einen einzelnen Mitarbeiter in das Urteil über das ganze Team dar.

 

Kontrollillusion

Menschen handeln so, als ob sie durch ihr Tun zufällige, dadurch jedoch nicht beeinflussbare Resultate kontrollieren könnten. Dies geschieht beispielsweise durch rituelle Handlungen, die dazu führen sollen, dass das gewünschte Ergebnis eintritt (z.B. beim Würfeln stärker zu werfen, wenn man eine hohe Zahl zu erreichen versucht). Ein gutes Beispiel für die Kontrollillusion ist auch das Ausblenden von Unsicherheit beim Aktienhandel: Obwohl die Aktienkurse mitunter unvorhersehbare Schwankungen aufweisen, der Aktienmarkt teilweise irrationale Verläufe kennt, werten Erfolgreiche ihren Anlageerfolg als Können, während solche, die verloren haben, sich als Opfer äußerer Einflüsse betrachten. $ Attributionsfehler, $ Regression zur Mitte

 

Naiver Realismus (Direkter Realismus)

Haltung, dass man die Realität objektiv, unmittelbar und ohne Vorurteile wahrnehmen würde, obwohl dem nicht ist, da die Wahrnehmung von Realität immer relativ zu den Sinnen, den Begriffen und den Emotionen einer Person stattfindet. Ferner wird angenommen, andere müssten zu denselben Schlussfolgerungen aus dem Wahrgenommenen kommen, solange sie dieselben Informationen hätten und sie auch vernünftig interpretieren. Diejenigen aber, die nicht dieselben Ansichten teilen, müssten andere Informationen haben oder sie müssten unwissend, irrational oder voreingenommen sein. Naiver Realismus kann zu Konflikten führen, wenn Streitparteien überzeugt sind, je ihre Wahrnehmung eines bestimmten Realitätsausschnitts wäre schon das Ganze und Wesentliche dieses Realitätsausschnittes.

 

Negativitätsbias

Negative Phänomene wie etwa unangenehme Gedanken, Emotionen oder soziale Interaktionen haben bei gleicher Intensität größeren Einfluss auf den psychischen Zustand als neutrale oder positive. So wie die uns im Prinzip das Schmerzgedächtnis davon abhält, selbstverletzende Handlungen zu setzen, ist der Negativitätsbias ein Mechanismus, der macht, dass wir negative Phänomene meiden. Bspw. sind – empirisch nachgewiesen – die negativen Gefühle beim Verlust von EUR 100 stärker als die positiven Gefühle beim Finden von EUR 100.

 

Primär-Effekt (Primacy Effect)

Darunter versteht man die übermäßige Gewichtung der zuerst gegebenen Information in Urteil und Gedächtnisbildung. So wie es etwa in der Redensart – „der erste Eindruck zählt“ – zum Ausdruck kommt. Wenn eine Person gleich am Anfang des Kennenlernens negativ wahrgenommen wird, z.B. durch einen laschen Händedruck, wird sie anhaltend schlechter bewertet. Der Primär-Effekt am einen Ende des wahrgenommenen Ereignishorizonts und der Rezenz-Effekt am anderen beeinflussen beide die Informationsverarbeitung sowie die Gewichtung in Urteil und Gedächtnis. $ Rezenz-Effekt, $ Verfügbarkeitsheuristik

 

Pygmalion-Effekt

Das psychologische Phänomen, dass die Erwartung anderer an eine Zielperson deren Leistung beeinflusst. Dies kann sowohl im negativen als auch positiven Bereich auftreten. Also etwa dann, wenn ein Abteilungsleiter eine sich in seinem Verhalten manifestierende positive Erwartung gegenüber einer Mitarbeiterin/einem Mitarbeiter hegt und dies deren/dessen Leistung positiv verändert.

 

Racial Bias

Darunter versteht man allgemein Stereotype aufgrund ethnischer Charakteristika wie etwa Hautfarbe oder andere körperliche Merkmale. Diese Stereotype können unbewusst aktiviert werden und werden dies in der Regel auch. Sie beeinflussen gleichermaßen das Urteil und das Verhalten. Ein racial Bias gegenüber Schwarzen durch Exekutivbeamte besteht beispielsweise dann, wenn diese als verdächtig eingestuft werden unabhängig von ihrem Verhalten.

 

Regression zur Mitte

Damit wird das Phänomen bezeichnet, dass nach einem Extremwert die nachfolgende Messung sich wieder näher an den Durchschnitt annähert. Typischerweise ist es der Fall, dass man in der Beobachtung komplexer Phänomene (wie der Entwicklung von Börsenkursen) bei der Beobachtung eines hohen Wertes einsteigt, dieser daraufhin wieder fällt und man auf andere Ursachen schließt als eine Regression zur Mitte. Da Regression zur Mitte intuitiv nicht leicht zu verstehen ist, entsteht in der Regel der Trugschluss, dass hier ein Ursache-Wirkungs-Zusammenhang bestünde und dann z.B. Börsenmakler für einen Verlust verantwortlich gemacht werden. $ Attributionsfehler

 

Repräsentativitätsheuristik

Ein bestimmtes Exemplar einer Klasse, das für diese Klasse repräsentativ zu sein scheint, wird der Klasse mit höherer Wahrscheinlichkeit und mitunter unter Vernachlässigung der realen Verhältnisse zugerechnet als weniger/nicht repräsentative Exemplare. Die Repräsentativitätsheuristik zeigt sich konkret dann bspw., wenn man entscheiden soll, ob eine Person entweder nur Bankangestellte oder sowohl Bankangestellte als auch Feministin ist und zwar aus den angegebenen Eigenschaften („ist Bankangestellte, hat sich engagiert für Minderheiten und war in der Anti-Atomkraft-Bewegung“) und man tendenziell schlussfolgert, diese Person sei sowohl Bankangestellte als auch Feministin. Diese Schlussfolgerung entsteht, obwohl die Menge derer, die beides sind, wesentlich kleiner ist als die Menge der Bankangestellten insgesamt. Dies eben aufgrund der höher scheinenden Repräsentativität.

 

Rezenz-Effekt (Recency Effect)

Das Gegenteil des Primär-Effekts: Die zuletzt aufgenommene Information bekommt mehr Gewicht, denn sie wird stärker im Gedächtnis verankert, ist deshalb leichter verfügbar. Beispielsweise: Ein Mitarbeiter hat viele Jahre gut gearbeitet und nun einen Fehler gemacht, der dann überbewertet wird. $ Primär-Effekt, $ Verfügbarkeitsheuristik

 

Rückschaufehler (Hindsight Bias)

Tendenz, nachträglich die Vorhersagbarkeit von Ereignissen zu überschätzen. Der Rückschaufehler setzt sich zusammen aus einem nachträglich überhöhten Eindruck der Zwangsläufigkeit und Vorhersagbarkeit sowie einer Gedächtnisverzerrung. Durch diese Gedächtnisverzerrung wird die eigene Vorhersage in Richtung des eingetretenen Ereignisses korrigiert. Vom Rückschaufehler sind auch Experten wie Ärzte oder auch Richter betroffen. Dies ist bedeutsam, da bspw. für die Beurteilung von Fahrlässigkeit oder der Zulässigkeit von Ermittlungsmaßnahmen, der Status zum Zeitpunkt des Ereignisses nötig ist, aber nachträgliche Informationen den Urteilenden beeinflussen.

 

Selbstüberschätzung (Overconfidence Bias, Hybris)

Tendenz, dass das subjektive Vertrauen in die eigene Leistung größer ist, als es tatsächlich der Fall ist. Selbstüberschätzung kann auf drei verschiedene Arten auftreten, nämlich als Überschätzung der eigenen Leistung, als Überschätzung dieser Leistung im Vergleich zu anderen und als Überschätzung des eigenen Wissens. Selbstüberschätzung ist in der Regel kontextabhängig: Tendenziell überschätzen Menschen ihre Fähigkeiten in Aufgabenbereichen, die einfach und gut eingeübt sind und unterschätzen sich bei schwierigen Aufgaben. Beispielsweise wenn Antworten, die Menschen als zu „99% sicher“ einstufen, sich in 40% der Fälle aber als falsch herausstellen. $ Illusorische Überlegenheit

 

Soziale Erwünschtheit

Darunter versteht man die Neigung von Befragten, bevorzugt Antworten geben, von denen sie annehmen, dass sie eher auf soziale Zustimmung stoßen als eine wahre Antwort, von der sie glauben müssen, sie würde zu sozialer Ablehnung führen. Unterschieden werden zwei Arten von sozialer Erwünschtheit, nämlich eine allgemeine kulturelle und eine sich aus der Situation heraus entwickelnde. Soziale Erwünschtheit spielt bspw. eine Rolle, wenn jemand, der eine stark ausländerfeindliche/islamophobe Einstellung hat und eine rechtspopulistische Partei wählt, befragt zu seinem Wahlverhalten, eine falsche Antwort geben. $ Pygmalion-Effekt

 

Spotlight Effekt (deutsch: „Rampenlicht-Effekt“)

Die Tendenz, die Aufmerksamkeit des sozialen Umfelds zur eigenen Person, im positiven wie im negativen Sinn, zu überschätzen. Wir vergessen oft, dass unsere Perspektive nicht die Perspektive unserer Mitmenschen ist und können daher nicht einschätzen, wieviel Bedeutung andere Menschen einer Situation beimessen. Dies kann beispielsweise in Besprechungen dazu führen, dass Einige sich nicht trauen, sich zu Wort zu melden, aus Angst etwas vermeintlich „Dummes“ zu sagen.

 

Status Quo Bias

Tendenz, in Entscheidungssituation nichts zu unternehmen und dem Status Quo den Vorzug gegenüber Veränderungen zu geben. Der Status Quo Bias hängt von der Menge an Alternativen sowie dem Wissen über sie und deren Konsequenzen ab. Je mehr Alternativen, je weniger Wissen über sie und deren Konsequenzen, desto stärker wirkt sich der Status Quo Bias aus. Mögliche Erklärungen finden sich in der Abneigung, potenzielle Verluste in Kauf zu nehmen oder im Streben nach Konsistenz. Ein Beispiel für den Status Quo Bias könnte eine Person sein, die ein Jobangebot ausschlägt, obwohl alles dafür spräche, weil es den Leistungen/Zusatzleistungen des bestehenden Jobs weit überlegen ist. $ Verlustaversion

 

Stereotype

Verzerrungen in der Beurteilung entstehen durch starre, vorurteilsbehaftete = stereotype Kategorisierungen und der unbewussten Aktivierung von damit assoziierten stereotypen Eigenschaften bzw. Rollenbildern. Beispiele aus dem Bereich Gender: Frauen haben ein schlechteres räumliches Vorstellungsvermögen, Männern fehlt Empathie, Männer treffen in der Familie die finanziellen Entscheidungen, Ältere haben geringe Flexibilität, etc. $ Gender Bias, $ Halo-Effekt

 

Effekt der Stimmungskongruenz (Mood-Congruent Memory Bias)

Das Gedächtnis funktioniert stark zustandsabhängig, sprich stark abhängig von physiologischen, emotionalen und situativen Parametern. Unter dem Effekt der Stimmungskongruenz versteht man demgemäß die Tendenz, sich leichter an Ereignisse zu erinnern, die mit der aktuellen Stimmung übereinstimmen. Z.B. wenn man im Urlaub heiter und entspannt ist. Diese Stimmung allein kann andere Erinnerungen an Ferien, an das Gefühl von Freiheit oder an heitere Zeiten etc. hervorrufen.

 

Überlebenden-Verzerrung (Survivorship Bias)

Darunter versteht man die Neigung, die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs systematisch zu überschätzen, da erfolgreiche Personen ungleich stärker sichtbar sind als nicht erfolgreiche. Der Survivorship Bias betrifft etwa auch Umfragen zur Kundenzufriedenheit, weil hier eher Kunden antworten, die positiv gegenüber dem Unternehmen eingestellt sind, als jene, die negativer Meinung sind.

 

Verfügbarkeitsheuristik

Dabei nutzen wir unbewusst die Metadaten unseres Gehirns, was die Prozessleistung der Informationsverarbeitung eines bestimmten Objekts oder Ereignisses betrifft: Je höher die Verfügbarkeit, desto leichter fällt der Gedächtnisabruf und desto realistischer, aber mitunter auch desto mehr Gewicht/Bedeutung bekommt das Objekt in Folge und desto wahrscheinlicher erscheint das Eintreten des Ereignisses. Die Verfügbarkeitsheuristik kann bspw. in Arbeitsgruppen zu Konflikten führen, da diese mit einer systematischen Überschätzung der eigenen Leistung verbunden ist, weil man sich an diese leichter und reichhaltiger erinnern kann.

 

Verlustaversion

Tendenz, das Vermeiden von Verlusten höher zu gewichten als das Erzielen von Gewinnen. Dabei werden Verluste etwa 1,5 bis 2,5-mal stärker gewichtet als Gewinne. Bspw. zeigt sich die Verlustaversion in Verkaufssituationen, wenn ein potenzieller Verkauf deswegen nicht akzeptiert wird, weil die Marge unter der Vorgabe liegt, wohingegen das Geschäft einen enormen Ertrag erbringen würde.

 

Verzerrungsblindheit (Bias Blind Spot)

So wie im visuellen System ein blinder Fleck existiert, existiert ein toter Winkel in der Wahrnehmung der eigenen Urteilsfähigkeit. Wir denken, wir seien wesentlich unbeeinflusst und unser Urteil unverzerrt, obwohl wir unbewussten kognitiven Tendenzen ebenso wie andere ausgesetzt sind. $ Illusorische Überlegenheit, $ Selbstüberschätzung

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