Weltberühmtes „Gorilla Experiment“ zeigt: Gerade wenn wir besonders aufmerksam sind, übersehen wir die auffälligsten Dinge.
Konzentration lenkt ab. Die Wissenschaftler Christopher Chabris und Daniel Simons ließen eine Person im Gorillakostüm durch ein Basketballspiel laufen – und die Hälfte der ZuschauerInnen nahm diese überhaupt nicht wahr. Das Gorilla-Experiment gehört zu den Klassikern der Bias-Forschung und demonstriert eindrucksvoll, dass unsere Wahrnehmung absolut selektiv funktioniert.
Gorillas in unserer Mitte
Die Studie „Gorillas in Our Midst“ von der University of Illinois (vgl. Chabris & Simons 1999) zeigt deutlich, dass die meisten von uns selbst einen vorbeigehenden Menschen im Gorillakostüm übersehen können. Das Experiment baut auf klassische Studien zur geteilten visuellen Aufmerksamkeit und Bezug nehmend auf Unaufmerksamkeitsblindheit von Mack und Rock (1998).
Basis für das Experiment ist ein 1-minütiges Video. Der Film zeigt zwei Teams mit je drei BasketballspielerInnen, eins trägt weiße, das andere schwarze T-Shirts. Nach ca. 45 Sekunden Spiel ereignet sich etwas Unerwartetes: Eine kleine Frau, die ein Gorillakostüm trägt, läuft durchs Bild. Während dieser unerwarteten Ereignisse setzen die Basketballspieler ihre Aktionen unbeirrt fort. Darüber hinaus gibt es Videos in drei weiteren Versionen mit unterschiedlichen Hintergründen bzw. einer Frau mit Regenschirm.
Das Video zur Studie
Schauen Sie sich das Video selbst an – aber achten Sie ausschließlich darauf, wie oft sich die Personen den Basketball zupassen!
Video (Englisch): https://www.youtube.com/watch?v=vJG698U2Mvo
Und nun sind Sie ehrlich: Haben Sie den schwarzen Gorilla bemerkt? Sollten Sie ihn übersehen haben, machen Sie sich keine Sorgen. So geht es im Schnitt mehr als der Hälfte der Menschen, die sich das Video ansehen.
Warum wir den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen
Das Experiment bestätigt das alte Sprichwort, dass wir manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Die meisten Menschen nehmen ein länger dauerndes, eigentlich sehr auffälliges, jedoch unerwartetes Ereignis nicht wahr, wenn sie mit einer elementaren Beobachtungsaufgabe beschäftigt sind. Es liegt an der Kapazität des Gehirns. Dieses muss selektieren, welche Informationen relevant sind und welche weniger. Erst indem sich die Aufmerksamkeit einem Reiz zuwendet, wird dieser bewusst. Psychologen nennen das Bias-Phänomen Unaufmerksamkeitsblindheit.
In ihrem Buch The Invisible Gorilla fassen die zwei Forscher Chabris und Simons (2010) ihre Ergebnisse mit folgendem Hinweis zusammen: Vorsicht bei intuitiven Entscheidungen! Überlegen Sie immer ein zweites Mal. Seien Sie auf der Hut vor Menschen, die Ihnen weismachen wollen, dass Intuition ein Wundermittel ist – und halten Sie Ausschau nach den unsichtbaren Gorillas im Leben.
Weitere Infos und Videos finden Sie auf der Website http://www.theinvisiblegorilla.com/
Weiterführendes:
- Mack, A.; Rock, I. (1998): Inattentional Blindness (Cambridge, MA: MIT Press).
- Simons, D.J.;, Chabris, C.F. (1999): Gorillas in Our Midst: Sustained Inattentional Blindness for Dynamic Events. Perception, 28, S. 1059–1074.
- Simons, D.J.;, Chabris, C.F. (2010): The Invisible Gorilla. And other ways our intuitions deceive us. Crown: New York.