Gruppendenken – zwei Köpfe ein Gedanke

von | 20. 01. 2020

Oft gehen wir davon aus, dass zwei Köpfe einfach klüger sind als einer. Doch diese Überzeugung ist so nicht gerechtfertigt.

 

Unter bestimmten Umständen können Gruppen von hochkompetenten Personen Entscheidungen treffen, die falsch oder unklug sind und manchmal auch katastrophale Folgen haben können. Dieser Prozess wird als Gruppendenken, oder Groupthink, bezeichnet und ließ sich unter anderem bei der amerikanischen Invasion in der Schweinebucht vor Kuba, dem zweiten Irakkrieg und der Finanzkrise von 2008 nachweisen.

 

Wie Gruppendenken entsteht

Teams die besonders anfällig für Gruppendenken sind, zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:

  • Sie sind homogen zusammengesetzt, bestehen also aus ähnlichen Personen.
  • Sie isolieren sich gegenüber anderen Gruppen und Meinungen.
  • Sie besitzen mangelhafte, oder nicht vorhandene Prozesse um Handlungsalternativen abzuwägen.
  • Sie werden von einer direktiven Führungskraft geleitet.
  • Sie stehen unter Stress.

Innerhalb einer solchen Gruppe sind Zusammenhalt und Solidarität wichtiger, als sämtliche relevanten Faktoren in die Entscheidung miteinzubeziehen. Dadurch werden von der Gruppennorm abweichende Meinungen aktiv unterdrückt bzw. überhaupt nicht erst geäußert.

In diesem Sinne gab z.B. der Internationale Währungsfond (IWF) kurz vor Beginn der Finanzkrise eine positive Einschätzung zur Lage der Weltwirtschaft ab. Dies geschah obwohl einige Stimmen, darunter auch der Chefökonom des IWFs, bereits vor einer weitreichenden Instabilität des Finanzmarkts warnten. In Interviews mit Mitarbeiter*innen des IWFs wurde eine Institution beschrieben, in welcher Angst davor herrschte, Mitgliedsstaaten vor den Kopf zu stoßen und es dadurch zu der, für Gruppendenken typischen, Selbstzensur kam (Indepent Evaluation Office of the International Monetary Fund, 2011)

Gruppendenken kann auch bei Personalbeurteilungen auftreten, wenn die Entscheidungen kollektiv getroffen werden, wie z.B. bei Integrationsmeetings zur Leistungsbeurteilung, Personalauswahlkommissionen, Assessment-Centers usw.

 

Gruppendenken verhindern

Die negativen Auswirkungen von Gruppendenken können durch kritischen Rationalismus statt Harmonienorm, das Bilden von Subgruppen, das Einholen von Meinungen außerhalb der Gruppe und einen inklusiven Führungsstil unterbunden werden. Letzterer fördert die Teamreflexivität, ermöglicht anonyme Meinungsäußerungen und interne Kritik.

Vor allem sollte Gruppendenken aber als Hinweis für den Wert divers zusammengesetzter Teams gesehen werden. Schließlich bieten homogene Teams den besten Nährboden um Gruppendenken entstehen zu lassen (Parker, 2009).

Doch selbst in den diversesten Teams kann es zu Gruppendenken kommen, sofern abweichende Meinungen unterdrückt werden. In diesem Zusammenhang wird von psychologischer Sicherheit gesprochen. Sind sämtliche Teammitglieder davon überzeugt, dass zwischenmenschliche Risiken innerhalb der Gruppe eingegangen werden können, wird von einem psychologisch sicheren Team gesprochen.

Ein diverses, psychologisch sicheres Team unter inklusiver Führung ist somit der beste Weg, um Gruppendenken zu vermeiden und das volle Potential jedes einzelnen Gruppenmitglieds zu nützen.

 

 

Weiterführendes

  • Indepent Evaluation Office of the International Monetary Fund. (2011). IMF Performance in the Run-Up to the Financial and Economic Crisis.
  • Packer, D.J. (2009). Avoiding groupthink: Whereas weakly identified members remain silent, strongly identified members dissent about collective problems. Psychological Science, 20(5), 546-548.
  • Art Markman (2015). The Problem-Solving Process That Prevents Groupthink. https://hbr.org/2015/11/the-problem-solving-process-that-prevents-groupthink

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