Metasuchmaschine Joblift untersuchte Gender Codes in Stellenanzeigen, die eine Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt begünstigen.
Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März 2017 untersuchte die Metajobsuchmaschine Joblift alle rund 15 Millionen Stellenanzeigen der letzten zwei Jahre hinsichtlich Elemente, die Gender Diversity auf dem Arbeitsmarkt fördern.
Die wichtigsten Erkenntnisse: Frauen wurden in rund 2 % aller Stellenanzeigen namentlich dazu aufgefordert, sich zu bewerben, vor allem in Ingenieurberufen. In dieser Berufsgruppe lag jedoch auch der Anteil männlich besetzter Formulierungen in Stellenanzeigen besonders hoch, die, wie Studien zeigten, Frauen häufig von einer Bewerbung abhalten.
Insgesamt betrug der Anteil weiblicher Attribute in den untersuchten Stellenanzeigen jedoch rund doppelt so viel wie der männlicher. Die Ergebnisse liefern im Vergleich zu Vorgängerstudien erste Hinweise, dass bei der Formulierung von genderspezifischen Eigenschaften in Jobprofilen ein Umdenkprozess eingesetzt hat.
Technische Berufszweige fordern Frauen am häufigsten offen zu einer Bewerbung auf
In den letzten beiden Jahren wurden in Deutschland 277.319 Stellenanzeigen veröffentlicht, die Frauen ausdrücklich zu einer Bewerbung ermutigen. Das machte 2015 insgesamt 1,7 % aller Ausschreibungen sowie 1,8 % aller Anzeigen im Jahr 2016 aus. Es lässt sich also eine – wenn auch nur leicht – steigende Frauenförderung im Bewerbungsprozess beobachten.
Interessanterweise finden sich diese Aufforderungen vor allem in technischen Stellenprofilen wieder. So bezogen sich diese zumeist, insgesamt 13.145-mal, auf Ingenieur- und Technikberufe. Darauf folgen kaufmännische Berufe sowie solche, die sich dem Gesundheits- und Sozialwesen zuschreiben lassen: 12.645 Jobs wandten sich an Verwaltungsangestellte, 9.980 an Bürokaufleute und Assistenzen, 9.083 an Sozialpädagoginnen/-en sowie 7.778 an Pflegefachkräfte.
Stellenanzeigen enthalten doppelt so häufig weiblich wie männlich besetzte Begriffe
Forschungsarbeiten der Technischen Universität München (Peuss, 2014) haben ergeben, dass bestimmte Schlüsselwörter (Gender Codes) in Stellenanzeigen vorwiegend mit Männern beziehungsweise mit Frauen in Zusammenhang gebracht werden. Während sich Frauen von eher maskulinen Attributen in Stellenanzeigen bisweilen verunsichert fühlen, scheinen Männer in der Regel keinen Unterschied in der Lesart zu machen. Ableitend lässt sich sagen, dass Ausschreibungen, die viele männlich besetzte Begriffe enthalten, indirekt eine Bewerbung von Männern begünstigen, da sich Frauen weniger stark mit dem Stellenprofil identifizieren. –> Programmierer m/w gesucht – warum Frauen sich nicht bewerben!
In insgesamt 3.584.018 der 15.509.744 in den letzten beiden Jahren veröffentlichten Stellenanzeigen taucht mindestens eine von 21 als männlich definierten Formulierungen (etwa durchsetzungsstark, individuell, überdurchschnittlich) auf. Mindestens eines von 21 eher weiblich besetzten Bezeichnungen wie verständnisvoll, zuverlässig und leidenschaftlich finden sich hingegen in 6.206.431 Ausschreibungen wieder. Der Anteil von männlichen Ausdrücken in Stellenanzeigen ist mit 23 % folglich nur etwa halb so groß wie der von weiblichen mit 40 %.
Softwareentwickler werden mit vorrangig weiblich geprägten Stellenanzeigen gesucht
Eine Analyse der fünf meistgesuchten Berufsprofile, die sich hinter den vorrangig männlich beziehungsweise weiblich konnotierten Stellenanzeigen verbergen, zeigt auf den ersten Blick vergleichbare Ergebnisse auf: An erster Stelle befinden sich in beiden Fällen Pflegefachkräfte (127.198 versus 249.275 Anzeigen). Folgen bei den überwiegend männlich gestalteten Anzeigen Verkaufskräfte (123.961) und Fachkräfte in Mechanik beziehungsweise Mechatronik (115.773), so schieben sich bei den eher weiblich geprägten Anzeigen Programmierposten (227.792) auf den zweiten Platz.
Abweichungen in der Rangfolge kann man also nur in Bezug auf das Ingenieurwesen und die Softwareentwicklung feststellen. Die eher männlich geprägten Anzeigen technischer Berufe erklären unter Umständen die Tatsache, dass diese – dadurch gezwungen – Frauen vielmehr offen zu einer Bewerbung ermutigen. Entwicklerstellenprofile enthalten hingegen deutlich häufiger Attribute, die Frauen zugeschrieben werden. Denkbar wäre, dass Arbeitgeber diese Begrifflichkeiten unbewusst wählen, um das männerdominierte IT-Berufsfeld aufzubrechen.
Den Originalartikel von Joblift finden Sie auf: https://joblift.de/Presse/stellenprofile-werden-vorrangig-weiblich-formuliert-auch-in-technischen-berufen-wie-der-softwareentwicklung
Weiterführendes:
- Gaucher, D., Friesen, J. & Kay, A. C.(2011). „Evidence that gendered wording in job advertisements exists and sustains gender inequality“. Journal of Personality and Social Psychology, 101: 109-128
- Göddertz, S. (2014): Gender Diversity als Einflussfaktor auf Zielgrößen des Employer Brandings. Eine empirische Analyse zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Recruiting von Frauen, Hamburg: Verlag Dr. Kovac.
- Peuss, C. (2014); Forschungsprojekt „Auswahl und Beurteilung von Führungskräften in Wirtschaft und Wissenschaft (AuBeFühr). Technische Universität München.
- Welpe, Peus C. et al (2014): Gendergerechte Personalauswahl und -beförderung. Handreichung für EntscheidungsträgerInnen in Wirtschaft und Wissenschaft. Technische Universität: München