Auch eine kaputte Uhr stimmt zweimal am Tag. Entscheidungen sollten wir nicht automatisch aufgrund der Ergebnisse beurteilen.
Der Outcome Bias bzw. Rückschaufehler
Gute Entscheidungen führen zu guten Ergebnissen, diese Annahme scheint auf den ersten Blick sowohl logisch richtig als auch wünschenswert. Jedoch übersehen wir hier die Auswirkungen unvorhersehbarer Ereignisse auf das Ergebnis. Selbst die beste aller Entscheidungen kann im Einzelfall ein schlechtes Ende nehmen, sowie auch die schlechteste Entscheidung einen Erfolg hervorbringen kann. Die Tendenz, das Ergebnis einer Handlung in dessen Bewertung überproportional stark einfließen zu lassen, wird als Outcome Bias, übersetzt: „Rückschaufehler“, bezeichnet.
Outcome Bias im Alltag
Stellen wir uns vor wir sind in der Rolle eine offengewordene Stelle als Salesmanager besetzen zu müssen. Zur Auswahl stehen Person A, mit einer Verkaufsrate von 51% und Person B mit einer Verkaufsrate von 68% im selben Zeitraum. Aufgrund der höheren Erfolgsrate befördern wir also Person B. Leider ist uns dabei entgangen, dass Person A hauptsächlich mit sehr schwierigen Kund*innen zu tun hatte, was einiges an Überzeugungsgeschick erforderte um diese zu einem Vertragsabschluss zu bewegen, während Person B zufällig besonders interessierte Kund*innen betreute. Geleitet durch den Outcome Bias haben wir diese Information nicht bedacht und eine wahrscheinlich weniger qualifizierte Person befördert, während Person A sich in ihrer Leistung nicht gewürdigt fühlt und sich womöglich bereits um eine Stelle in einem anderen Unternehmen umsieht.
Eine solche, vorwiegend ergebnisorientierte, Bewertung ist in vielen Feldern weiterhin verbreitet und führt zu suboptimalen Entscheidungen mit nachhaltigen negativen Konsequenzen wie z. B. ungeeignete Besetzung von Stellen, Verlust von Kompetenz und niedrigere Zufriedenheit der Belegschaft. Sowohl in Unternehmen, der Medizin, der Justiz und im Profisport konnten diese Einflüsse nachgewiesen werden.
Outcome Bias als Verstärker von Stereotypen
Der Outcome Bias spielt auch eine Rolle in der Entstehung von Stereotypen. Wird beispielsweise eine bestimmte ethnische Gruppe seltener auf Universitäten aufgenommen, kann der Outcome Bias dazu führen, dass negative Stereotype über die Intelligenz dieser ethnischen Gruppe entstehen.
Gerade bei der Bewertung der Leistungen von Angehörigen sogenannter Out-Groups zeigt der Outcome Bias einen besonders starken Einfluss. Im obigen Beispiel „Salesmanager*in“ könnte Person A zu einer von uns unterscheidbaren (Out-) Gruppe zählen, was uns dazu verleitet die geringere Verkaufsrate fälschlicherweise auf diese Gruppenzugehörigkeit zurückzuführen. Somit kann der Outcome Bias auch maßgeblich zur (unbewussten) Diskriminierung bestimmter Gruppen beitragen.
Schnelles Denken, langsames Denken – Mittel gegen Outcome Bias
Tatsächlich scheint der Outcome Bias so tief in unserem Denken verwurzelt zu sein, dass allein das Wissen über seine Existenz keine Auswirkungen auf die Kraft seines Einflusses zeigt. Jedoch kann er deutlich abgeschwächt bzw. sein Einfluss gänzlich verhindert werden, wenn wir in einem bewussten und analytischen Denkmodus operieren. Im Vergleich zum größtenteils automatischen und schnellen unbewussten Denken, wird hier ein größeres Gewicht auf den langsamen und kontrollierten logischen Abwegen verschiedener Faktoren gelegt. Um möglichst analytisch zu denken, empfehlen sich folgende Vorgehensweisen:
- Nehmen Sie sich Zeit: Stress und Informationsüberfluss sind Auslöser für bias-behaftetes Denken und Entscheiden. Gerade Bewertungen sollten daher in möglichst ablenkungsfreien Zeiten geformt werden.
- Fokus auf die Relevanz der Bewertung: Führen sie sich vor Augen, dass die Ergebnisse einer Bewertung und daraus resultierender Entscheidungen für den weiteren Erfolg Ihres Unternehmens und schließlich auch für Sie selbst von Relevanz sind. Nicht umsonst tritt der Outcome Bias seltener bei der Bewertung eigener Handlungen auf.
- Alle Faktoren bedenken: Machen Sie es sich zum Vorsatz möglichst viele Faktoren zu berücksichtigen und legen Sie Checklisten an, um diese Faktoren systematisch in die Bewertung einzubeziehen. Der Outcome Bias ist bei Personen mit derartigem Vorgehen signifikant reduziert.
- Vorsicht vor der Vergangenheit: Studien haben gezeigt, dass der Outcome Bias mit zunehmendem Abstand zwischen Ergebnis und Bewertung zunimmt. Seien sie also vorsichtig bei der Bewertung über längere Zeitspannen bzw. von länger zurückliegenden Handlungen.
- Vorsicht bei Angehörigen von Out-Groups: Besonders bei Bewertungen von Personen, welche sich einer Out-Group zuordnen lassen, kann der Outcome Bias zur Diskriminierung führen – auch, wenn die bewertende Person keine expliziten Vorurteile gegenüber dieser Gruppe hegt.
- Unconscious Bias Trainings: Durch ein Anti-Bias Training können die oben genannten und noch viele weiter Strategien gegen den Einfluss unbewusster gedanklicher Verzerrungen erlernt und eingeübt werden.
Weiterführendes und Quellen:
- Aronson, E., Wilson, T. D., Akert, R. M. (2008): Sozialpsychologie (6. Auflage). Pearson Studium.
- Böhm, R., Rusch, H., & Baron, J. (2020). The psychology of intergroup conflict: A review of theories and measures. Journal of Economic Behavior & Organization, 178, 947–962. https://doi.org/10.1016/j.jebo.2018.01.020
- Kershaw, C., Rast, D. E., Hogg, M. A., & Knippenberg, D. (2021). Battling ingroup bias with effective intergroup leadership. British Journal of Social Psychology, 60(3), 765–785. https://doi.org/10.1111/bjso.12445
- Molenberghs, P., & Louis, W. R. (2018). Insights From fMRI Studies Into Ingroup Bias. Frontiers in Psychology, 9, 1868. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2018.01868
- Tajfel, H. et al (1971): Social categorization and intergroup behavior, in: European Journal of Social Psychology 1, 1971 S. 149–178
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