Inclusion Nudges – Wie Sie vielfaltsbewusste Entscheidungen anstoßen können

von | 2. 01. 2019

Diversity & Inclusion (D&I) ist ein Bereich, in dem verhaltensökonomische Ansätze verstärkt zur Anwendung kommen.

 

D&I hat Chancengleichheit und die Förderung von personeller Vielfalt zum Ziel. Die Verhaltensökonomie hilft dabei einige maßgebliche Barrieren für Veränderungen zu verstehen. Menschliches Verhalten ist durch Instinkte und mentale Muster, wie beispielsweise Rollenbilder und Stereotype, gesteuert. Diese Verzerrungen, die Unconscious Biases, beeinflussen unsere Wahrnehmung und Einstellungen anderen Menschen gegenüber – was oft zu Homogenität und Chancenungleichheit führt.

 

Nudges, Inclusion Nudges und andere Schlagwörter

In obigen Kontext sind in den letzten Jahren einige neue Schlagwörter für verhaltensökonomische Interventionen entstanden. Die Wissenschaftler Richard Thaler und Cass Sunstein verwendeten als Erste den Begriff „Nudge“ in ihrem Buch „Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ –> siehe Artikel Nudging – Definition.

Die Harvard-Professorin Iris Bohnet spricht von „Choice Architecture“ bzw. „Behavioural Design“. In ihrem Buch „What works“ zeigt sie zahlreiche Möglichkeiten auf, wie Entscheidungsarchitektur bzw. Verhaltensdesign zu objektiveren Entscheidungen und zu mehr Gleichstellung führen kann.

Die Diversity-Expertinnen Lisa Kempinski und Tinna C. Nielsen haben den Begriff „Inclusion Nudges“ geprägt. Sie engagieren sich für einen Erfahrungsaustausch und haben mit inclusion-nudges.org eine Plattform zum Thema aufgebaut, auf der Praktiker_innen eigene Inclusion Nudges zur Verfügung stellen können. Zudem veröffentlichen sie regelmäßig einen Guidebook mit einer Vielfalt an Lösungsvorschlägen und Impulsen.

 

Symphonieorchester: Inclusion-Nudge mit erheblicher Wirkung

Wie Verhaltensdesign erfolgreich eingesetzt werden kann, zeigten die Symphonieorchester in den USA. Um den Frauenanteil zu erhöhen, wurden in den 70er Jahren neue Auswahlverfahren, die Blind Auditions, eingeführt. Dabei wurden die MusikerInnen nicht mehr namentlich vorgestellt, sondern erhielten eine Nummer und sie spielten hinter einem Vorhang. Statt der Dirigenten durfte ein Gremium über die Auswahl bestimmen. Durch diese Änderungen erhöhte sich der Frauenanteil von damals 5% auf heute rund 40%.

 

Typen von Inclusion Nudges

Kempinski und Nielsen gruppieren Inclusion Nudges in drei Typen:

  • Feel The Need – Inclusion Nudges: Diese Interventionen zielen vorwiegend auf das System-Eins-Denken, das Unbewusste, ab. Es sollen Emotionen geweckt werden, wie Überraschung, Ablehnung oder Empathie. Dabei werden auch kognitive Verzerrungen (Unconscious Biases) bewusst zu einem Vorteil umfunktioniert.

Anwendungsbeispiele: Visualisierung der fehlenden Diversität in Führungsetagen durch Bilder (Portraits), Einsatz von Rollenmodellen (engl. Role-Models), Benchmarking-Vergleiche mit ähnlichen Organisationen, Darstellung der möglichen Verluste durch fehlende Diversität u.v.m.

 

  • Process – Inclusion Nudges: Durch Änderung von Elementen in System- oder Entscheidungsprozessen sollen objektivere, möglichst bias-freie und vielfaltsbewusste Entscheidungen angestoßen werden. Das können etwa Reflexionsschleifen, Planungsimpulse, Erinnerungshilfen, Veränderungen von Standardparametern (Defaults), kollektive Entscheidungen oder automatische Korrekturen sein.

Anwendungsbeispiele: Anonymisierung von Recruiting-Prozessen, mehrstufige Personalbeurteilungsprozesse (Talent-Reviews), strukturierte Interviewleitfäden für Bewerbungsgespräche, gemischtgeschlechtliche bzw. diverse Auswahl- und Beurteilungskommissionen, Opt-Out-Altervorsorgesystem, partizipative Entscheidungsmeetings u.v.m.

 

  • Framing – Inclusion Nudges: Allgemein bedeutet Framing, dass unterschiedliche Formulierungen desselben Inhalts das Verhalten des Empfängers unterschiedlich beeinflussen können. Mit Framing – Inclusion Nudges sollen positive bzw. neutrale Assoziationen in Bezug auf Diversität, Chancengleichheit etc. ausgelöst und so vielfaltsbewusste Verhaltensweisen angestoßen werden. Erfolgreiche Framing-Ansätze sind die Veränderung der Reihenfolge von Daten, die Nutzung von Zielen als Ankerpunkte oder die Umformulierung von Texten und Fragen. Letzteres kann beispielsweise bei der Personalsuche Sinn machen. Bevor Sie eine offene Stelle ausschreiben, stellen Sie die Frage „Welche Eigenschaften sollte der/die Kandidat_in haben, die im bestehenden Team nicht vorhanden sind und mögliche neue Perspektiven einbringen?“.

Anwendungsbeispiele: Genderneutrale Stellenausschreibungen, Kommunikation von Bildern von kontrastereotypen Personen (z.B. Männer in Elternschaft), Perspektivenwechsel in Entscheidungsmeetings u.v.m.

 

Tipps und Praxisbeispiele

Konkrete Tipps und Praxisbeispiele von Inclusion Nudges und Behavioural Design werden laufend auf unserer Plattform anti-bias.eu veröffentlicht, wie etwa in unserer Serie „Personalfindung ohne Vorurteile“.

 

Weiterführendes:

  • Bohnet I. (2016): What Works. Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann. Verlag C.H. Beck: München
  • Goldin C.; Rouse C. (2000): Orchestrating Impartiality: The Effect of ‚Blind‘ Auditions on Female Musicians. American Economic Review: September 2000
  • Kepinski L.; Nielsen T. (2016): Inclusion Nudges Guidebook. inclusion-nudges.org
  • Thaler R.; Sunstein C. (2009): Nudge. Wie man kluge Entscheidungen anstößt. Econ Verlag: Berlin

 


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Manfred Wondrak, MBA
Tel: +43 1 581 19 09

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