Spätestens ab Juni 2025, wenn der European Accessibility Act angewendet werden muss, werden auch in Österreich inklusive Konzepte und Grundsätze Standard werden. Bereits jetzt können sich Unternehmen gezielt darauf vorbereiten, indem sie in ihren Arbeits- und Produktionsabläufen 3 zentrale Prinzipien berücksichtigen: Inklusives Design, Erfahrungswissen und Flexibilität.
Viele Themen rund um Diversität und Inklusion liegen derzeit im Trend: gendersensible Sprache, Alltagsrassismus und Quotenregelungen sorgen immer wieder für Gesprächsstoff und kritische Diskussionen. Zugleich hat nicht zuletzt die COVID-19 Pandemie gezeigt, dass unsere Welt weder offline noch online eine Inklusive ist. Nicht alle Menschen haben Zugang zu (digitalen) Produkten und Dienstleistungen, und digitale Lösungen sind andererseits nicht immer für alle Menschen bedienbar. Die Einführung von inklusiven Grundsätzen soll diesem Problem Abhilfe schaffen. Unternehmen, die sich die Erfahrungen von Menschen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen zunutze machen und eine möglichst breite Anwendbarkeit ihrer Produkte, Services und Interfaces bereits im Design mitdenken, können eine Vorreiterrolle in der unaufhaltsamen Entwicklung einnehmen.
Was ist Inklusives Design?
Inklusives Design berücksichtigt die Vielfalt und Einzigartigkeit der Nutzer*innen von Produkten, Dienstleistungen und Interfaces. Inklusion wird dabei im ganzen Entwicklungsprozess mitgedacht, denn eine Ergänzung um diesen Aspekt im Nachhinein ist nur sehr schwer umzusetzen. Die Grundidee ist, dass Produkte so gestaltet werden, dass sie von möglichst vielen Menschen ohne jegliche Einschränkung benutzt werden können, anstatt von den Nutzer*innen zu erwarten, dass sie sich an ein Produkt anpassen.
Inklusives Design ist daher mehr als Barrierefreiheit. Echte Inklusion gelingt durch barrierefreie Lösungen selten, denn auch wenn die Zugänglichkeit gesichert wird bleibt barrierefreies Design eine Sonderlösung, die ihre Nutzer*innen von „normalen“ Nutzern trennt. Inklusives Design denkt nicht in kleinen Zielgruppen, für die Lösungen entwickelt werden müssen, sondern setzt auf einen möglichst breiten Zugang, der der gesellschaftlichen Vielfalt Rechnung trägt.
Natürlich wird es niemals gelingen Produkte so zu entwerfen, dass sie die Bedürfnisse aller Menschen erfüllen. Jedoch kann man durch die Einbeziehung der Erfahrungen und Bedürfnisse möglichst vieler unterschiedlicher Menschen in den Entwicklungsprozess Produkte und Anwendungen schaffen, die von vielen Menschen mit diversen Stärken und Eigenschaften in vielfältigen Situationen genutzt werden können. Wenn sich digitale Anwendungen beispielsweise sowohl mittels Sprachbefehl als auch mittels Tastatur, Maus oder Touchpad bedienen lassen, werden verschiedenste Umstände berücksichtigt, die die Nutzung dieser Anwendung beeinflussen können.
Warum sich Inklusives Design lohnt
Ein inklusiver Zugang zum Produktdesign lohnt sich auf vielfache Weise. Zum einen schärft ein solcher Zugang den Blick auf die Qualität eines Produkts: intuitiv bedienbare und unkompliziert einsetzbare Produkte, d.h. Produkte mit hoher Benutzer*innenfreundlichkeit und Anpassungsfähigkeit, behaupten sich in der Regel auf dem Markt, da sich die Nutzer*innen in ihren Bedürfnissen wahr- und ernstgenommen fühlen.
Ein inklusiver Zugang verschiebt zum anderen den Fokus von Nutzungstypen auf Nutzungssituationen: Anstatt zu überlegen, was ein Produkt für bestimmte Personen leisten muss, überlegt man, in welchen Situationen es genutzt wird. Dieser kleine, aber feine Unterschied schafft Bewusstsein dafür, dass jeder Mensch in gewissen Situationen von der Nutzung eines Produkts ausgeschlossen sein kann, sei es weil man ein gebrochenes Bein hat, die Umgebung laut ist, oder man gerade keine Hand frei hat. In einer digitalisierten und mobilen Welt ist dieser Fokus auf Nutzungssituationen ganz entscheidend, denn sehr viele Produkte nutzen wir nicht ausschließlich in einer bestimmten Umgebung.
Gleichzeitig erweitern Unternehmen durch die konsequente Umsetzung inklusiver Prinzipien potenziell auch ihre Kund*innenbasis. Diverse Projektteams in der Produktentwicklung als auch diverse Testnutzer*innen und ihre vielfältigen Perspektiven können helfen, mögliche Fallstricke, Unconscious Biases und exkludierende Denkweisen im Designprozess früh zu erkennen und auszubessern. Durch den Aufbau eines diversen Entwicklungsteams wird zudem die Innovationskraft eines Unternehmens gestärkt, da durch die vielfältigen Erfahrungen und Sichtweisen stärke kreative Dynamiken entstehen können als in sehr homogenen Teams. Zukünftige Entwicklungen können somit besser antizipiert werden und Unternehmen können sich vorausschauend als Trendsetter positionieren.
Inklusives Design – Inklusive Leadership
Sowohl für Kund*innen als auch für Unternehmen bringt Inklusives Design Vorteile. Entscheidend ist daher, dass das Führungspersonal in Unternehmen inklusives Denken und Handeln fördert. Die Rekrutierung diverser Mitarbeiter*innen und die Zusammensetzung heterogener Teams zählt hier ebenso dazu wie das Schaffen der Rahmenbedingungen, in denen das volle Potenzial von Vielfalt genutzt werden kann. Wichtig ist ein positives Führungsverhalten, das Vorbildfunktion für das ganze Team hat und ein Arbeitsklima schafft, in dem alle die Möglichkeit haben, ihre Ideen einzubringen. Erfahren Sie hier mehr über Inclusive Leadership Trainingsangebote.
Weiterführendes und Quellen:
- Bieling, T. (2021). Inklusion als Entwurf: Teilhabeorientierte Forschung über, für und durch Design. Berlin: DeGruyter.
- Clarkson, P.J., Coleman, R., Keates, S., Lebbon, C. (2003). Inclusive Design: Design for the Whole Population. Cambridge: Springer.
- Gilbert, R. (2019). Inclusive Design for a Digital World: Designing with Accessibility in Mind. New York: APress.
- Luck, R. (2018). Inclusive design and making in practice: Bringing bodily experience into closer contact with making. Design Studies 54. 96-119. https://doi.org/10.1016/j.destud.2017.11.003.
Unsere Expert*innen beraten Sie bei der Entwicklung einer Strategie zu Diversity & Inclusion.
Nehmen Sie Kontakt auf:
Manfred Wondrak, MBA Tel: +43 1 581 19 09