Programmierer m/w gesucht – warum Frauen sich nicht bewerben! Gender Bias durch Wörter

von | 3. 01. 2015

Gender Bias Studien bestätigen: Geschlechtsspezifische Konnotationen in Stellenausschreibungen beeinflussen das Bewerbungsverhalten von Frauen und Männern.

 

Die Kanadischen Wissenschaftler Gaucher, Friesen und Kay (2011) habe mehrere Studien mit BerufseinsteigerInnen und StudentInnen durchgeführt. Sie untersuchten die verwendeten Begriffe in rund 4.000 Stellenanzeigen und stellten fest, dass ein maskuliner Sprachgebrauch in männlich-dominierten Berufsbereichen (z.B. Elektriker, Mechaniker, Programmierer usw.) vorherrscht und ein stärker femininer in weiblich-dominierten (z.B. Personalistinnen, Buchhalterinnen, Pflegerinnen, Assistentinnen). Die maskuline Formulierung einer Stellenausschreibung führt dazu, dass Frauen sich weniger auf die offene Position bewerben.

 

Männliche und weibliche Sprachcodes

Die Stellenanzeigen wurden auf Begriffe untersucht, welche mit männlichen und weiblichen Stereotypen verbunden sind. Dabei wurden basierend auf vorangegangenen Gender-Sprachforschungen folgende Sprachcodes verwendet:

  • Männliche Sprachcodes wie z.B.: durchsetzungsfähig, analytisch, selbstbewusst, aktiv oder unabhängig.
  • Weibliche  Sprachcodes wie z.B.: verständnisvoll, freundlich, unterstützend und gemeinsam.

Eine vollständige Liste der Sprachcodes ist der Studie (Gaucher et al. 2011) als Anhang beigefügt.

Die ForscherInnen stellten auch fest, dass eine geschlechtsspezifische Konnotation durchaus die Attraktivität von ausgeschriebenen Stellen beeinflusst. Dies bedeutet, dass Frauen Stellen weniger attraktiv finden, wenn die Wörter „durchsetzungsfähig“ oder „analytisch“ in den Anzeigen aufscheinen. Zudem gehen sie davon aus, dass in diesen Unternehmen mehr Männer als Frauen arbeiten. Daher bewerben sie sich auch weniger oft für solche Jobs.

 

Münchner Studie bestätigt Ergebnisse im deutschsprachigen Raum

Bestätigt wurden die obigen Ergebnisse durch eine weitere Studie der TU München (Welpe 2014). Diese untersuchten in einem mehrjährigen Projekt die Kriterien in der Auswahl und Beurteilung von Führungskräften in Wirtschaft und Wissenschaft. Die ForscherInnen zeigten rund 260 Testpersonen fiktive Anzeigen. Ausgeschrieben wurde dort beispielsweise ein Platz in einem Qualifizierungsprogramm für angehende Führungskräfte. Waren in der Ausschreibung viele Eigenschaften genannt, die mit Männern in Verbindung gebracht werden, fühlten Frauen sich weniger angesprochen und wollten sich seltener bewerben. Für männliche Testpersonen machte der Ausschreibungstext dagegen keinen Unterschied. Bei vielen Frauen lösen die maskulinen Begriffe offensichtlich eine Misserfolgserwartung durch eigene Unconscious Biases aus.

 

Sorgfältig formulierte Stellenausschreibungen sind wichtig

Peuss betont, dass „eine sorgfältig formulierte Stellenausschreibung ist die Voraussetzung für eine optimale Personalauswahl“. Weiters ist sie der Meinung, dass „es zwar meist keinen Sinn macht, alle männlich besetzten Formulierungen einfach wegzulassen. Aber ohne ein zumindest ausgewogen formuliertes Profil rauben sich Organisationen die Chance auf gute Bewerberinnen. Denn dieser Gender Bias wirkt trotz aller gesellschaftlichen Veränderungen fast unverändert weiter.“

 

Weiterführendes:

  • Gaucher, D., Friesen, J. & Kay, A. C. (2011). „Evidence that gendered wording in job advertisements exists and sustains gender inequality“. Journal of Personality and Social Psychology, 101: 109-128.
  • Peuss, C. (2014); Forschungsprojekt „Auswahl und Beurteilung von Führungskräften in Wirtschaft und Wissenschaft (AuBeFühr). Technische Universität München.
  • Welpe I., Peus C. et al (2014): Gendergerechte Personalauswahl und -beförderung. Handreichung für EntscheidungsträgerInnen in Wirtschaft und Wissenschaft. Technische Universität: München
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